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Arbeitskreis "Unser Dorf liest"Die aktuelle Kolumne von Martin Drebs |
(frühere Kolumnen finden Sie im
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Das Lieben der Anderen!
Zur Zeit entsteht ein neues Buch mit dem Titel: „Das Lieben der Anderen“. Der Autor Paul Cornelius hat uns vorab einen Einblick in seine Schreibwerkstatt gewährt: Die spannende Erzählung spielt in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts in Bordenau in der Nähe der Ziegelei, genauer im Riethaus, einem von Hannoveraner Familien erbauten Haus, die dort auch für ihre Jugendgruppen am Wochenende Angebote schaffen wollten.
Die Erzählung beruht auf einer wahren Begebenheit: Am Rand des Dorfes an der Leine finden sich Mitte der 1930er Jahre junge Menschen zu gemeinsamen Unternehmungen zusammen. Ihre Art, miteinander um zu gehen, ihre Vorstellungen vom Leben und der Liebe passen nicht in jene Zeit, die von großen gesellschaftlichen Veränderungen begleitet wird. Die liebevolle Offenheit und die sehnsuchtsreichen, dennoch respektvollen Annäherungen zwischen den jungen Leuten widersprechen der sich diktatorisch durchsetzenden Moral des „neuen“ Deutschen: „Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“.
Das steht in krassem Gegensatz zu den Vorstellungen der Jugendlichen, die im Riethaus zusammenkommen. Die sind den Nazis ein Dorn im Auge. Deshalb setzt die Gestapo einen jugendlichen Spitzel ein, der das Leben und Lieben der Gruppe ausspionieren und durch regelmäßige Berichte an die Geheimpolizei Vorwände zur Auflösung der Einrichtung liefern soll - über einen „toten“ Briefkasten an der Straße nach Frielingen. Doch das Lieben der Anderen beginnt den Spitzel zu faszinieren, er offenbart sich dem Leiter und von da ab schreiben sie die Berichte gemeinsam….
Heinrich Heine wendet sich an seine Mutter!
Ich bin′s gewohnt, den Kopf recht hoch zu tragen,
Mein Sinn ist auch ein bisschen starr und zähe;
Wenn selbst der König mir ins Antlitz sähe,
Ich würde nicht die Augen niederschlagen.
Doch, liebe Mutter, offen will ich′s sagen:
Wie mächtig auch mein stolzer Mut sich blähe,
In deiner selig süßen, trauten Nähe
Ergreift mich oft ein demutvolles Zagen.
Ist es dein Geist, der heimlich mich bezwinget,
Dein hoher Geist, der alles kühn durchdringet,
Und blitzend sich zum Himmelslichte schwinget?
Quält mich Erinnerung, dass ich verübet
So manche Tat, die dir das Herz betrübet?
Das schöne Herz, das mich so sehr geliebet?
Ja, dreht sich denn alles im Kreise?
Fortschritt, Erneuerung, Stillstand, Rückbesinnung oder ewige Wiederkehr? Für manche wiederholt sich das Leben und das Schicksal. Und auch das Glück bleibt flüchtig. Der folgende Text stammt nach einer mittelalterlichen Vorlage aus der szenischen Kantate
„Carmina Burana“ von Carl Orff:
„Glück, die Kaiserin der Welt. O Fortuna! Wie der Mond so veränderlich, Wachst du immer oder schwindest! Schmähliches Leben! Erst misshandelt, dann verwöhnt es spielerisch den wachen Sinn. Dürftigkeit, Großmächtigkeit, sie zergehn vor ihm wie Eis. Schicksal, ungeschlacht und eitel! Rad, du rollendes! Schlimm dein Wesen, dein Glück nichtig, immer im Zergehn! Überschattet und verschleiert kommst du nun auch über mich. Um des Spieles deiner Bosheit trag ich jetzt den Buckel bloß. Los des Heiles und der Tugend sind jetzt gegen mich. Willenskraft und Schwachheit liegen immer in der Fron. Drum zur Stunde ohne Saumen rührt die Saiten! Wie den Wackeren das Schicksal hinstreckt; alle klagt mit mir!“
Wem gehört der 1. Mai?
Dem Frühling? Den Arbeitenden! Den Dichtern? Den Frühjahrsoffensiven? Den Wandervögeln? Oder den Grünschnäbeln?
Dem Gregorianischen oder Julianischen Kalender?
Den Ewiggestrigen als „Tag der nationalen Arbeit“? Den Nationalen? Oder Internationalen? Gehört er nicht eigentlich der internationalen Arbeitsteilung? Vielleicht sogar Olympia? Und schweigen die Waffen während der Spiele?
Gehört er den Feiernden? Und wenn er auf einen Sonntag fällt, was dann?
Den Tanzenden? Den Rauschbereiten? Den Rabatzmachern? Den Müttern? Den Verliebten?
In einigen Schweizer Kantonen gewissen Schutzheiligen? Gar Josef, dem Arbeiter?
Gehört er den Maiglöckchen? Den Gartenbauern? Den „ausschlagenden“ Bäumen?
So viele Fragen! Klar ist:
Er gehört zu uns! Und er ist der erste Tag des Rests unserer Leben. Genießen wir dankbar den schönen Tag, und dass wir lesen können und dass diese Zeitung uns dazu den Mut macht!
Bleiben Sie am Lesen!
So verabschiedet Thea Dorn immer ihre Gäste beim „Literarischen Quartett“. Ob das nun richtiges Deutsch ist oder nicht, lassen wir mal dahingestellt. Jetzt hat auch die
„Apotheken-Umschau“ in ihrer Ausgabe vom 15. März das Thema aufgegriffen mit dem Titel: „Lesen, weil´s gesund macht!“ Die Recherche von Vincent Suppé und Laura Patz ergab, wofür wir uns schon seit Jahrzehnten starkmachen. Hier einige Zitate daraus: „Lesen ist für viele nur ein Hobby. Doch der Blick ins Buch, Magazin oder auf das Tablet beeinflusst unsere Gesundheit…Lesen gegen Demenz. Das Demenzrisiko der Lesenden betrug nach 14 Jahren nur noch 54 Prozent vom Demenzrisiko der Nicht-Leser…Kindern bitte vorlesen! So positiv wirkt Vorlesen auf die Entwicklung von Kindern: mehr Empathie, besserer Wortschatz, bessere Konzentration und Lernkompetenz, bessere Beziehung zwischen Vorlesenden und Kindern.“ Die Autoren wissen, wovon sie reden; schließlich haben sie nach eigenen Angaben 17,8 Millionen Leser monatlich. Doch die Mediadaten der „Neustädter Zeitung“ sind auch gut. Und in Bordenau haben wir viele Lesehelfer, die auch noch den Förderpreis der Stiftung Bordenau erhalten haben. Ach ja, und es gibt in Bordenau sogar unsere
„Bücherbude". Da kann man Bücher leihen und vieles mehr! Ja, wo ist die denn? Na, in der Bordenauer Apotheke, wo denn sonst! Lesen was gesund macht. Also beim nächsten Mal, wenn Sie ein Rezept einlösen und die „Apotheken-Umschau“ mitnehmen, schnell mal einen Blick in die Bücherbude!
Wir lesen weiter!
„Bordenau - unser Dorf liest“ am 3.Oktober 2023 aus dem Buch von
Florian Illies „Liebe in Zeiten des Hasses: Chronik eines Gefühls 1929–1939“, kombiniert mit Gedichten und Originalzitaten der ausgewählten Künstler, unter anderem Mascha Kaleko, Bertolt Brecht und Erich Maria Remarque. Ferdinand von Schirach meint dazu: »Lesen Sie bitte dieses Buch, es ist hinreißend. Ich habe so viel Neues erfahren, über die Liebe, die Kunst und das Grauen.«
In einem virtuosen Epochengemälde erweckt Florian Illies die dreißiger Jahre, dieses Jahrzehnt berstender politischer und kultureller Spannungen, zum Leben.
Als Jean-Paul Sartre mit Simone de Beauvoir im Kranzler-Eck in Berlin Käsekuchen isst, Henry Miller und Anaïs Nin wilde Nächte in Paris und »Stille Tage in Clichy« erleben, F. Scott Fitzgerald und Ernest Hemingway sich in New York in leidenschaftliche Affären stürzen, fliehen Bertolt Brecht und Helene Weigel wie Katia und Thomas Mann ins Exil. Genau das ist die Zeit, in der die Nationalsozialisten die Macht in Deutschland ergreifen, Bücher verbrennen und die Gewalt gegen Juden beginnt.
1933 enden die »Goldenen Zwanziger« mit einer Vollbremsung. Florian Illies führt uns zurück in die Epoche einer politischen Katastrophe, um von bekannten Liebespaaren der Kulturgeschichte zu erzählen: In Berlin, Paris, im Tessin und an der Riviera stemmen sich die großen „Geister“ der Zeit gegen den drohenden Untergang. Eine mitreißend erzählte Reise in die Vergangenheit, die sich wie ein Kommentar zu unserer verunsicherten Gegenwart liest: Liebe in Zeiten des Hasses.
Dann lasst uns aufstehen!
Der engagierte Schweizer Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti hat bereits 1970 ein ambitioniertes Ostergedicht geschrieben:
1. Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn erst nach dem Tode Gerechtigkeit käme,
erst dann die Herrschaft der Herren,
erst dann die Knechtschaft der Knechte
vergessen wäre für immer,
vergessen wäre für immer.
2. Das könnte den Herren der Welt ja so passen,
wenn hier auf der Erde stets alles so bliebe,
wenn hier die Herrschaft der Herren,
wenn hier die Knechtschaft der Knechte
so weiterginge wie immer,
so weiterginge wie immer.
3. Doch ist der Befreier vom Tod auferstanden,
ist schon auferstanden und ruft uns nun alle
zur Auferstehung auf Erden,
zum Aufstand gegen die Herren,
die mit dem Tod uns regieren,
die mit dem Tod uns regieren.
Nun ist er endlich kommen doch! Dank Theodor Fontane!
„Nun ist er endlich kommen doch
in grünem Knospenschuh.
»Er kam, er kam ja immer noch«,
die Bäume nicken sich's zu.
Sie konnten ihn all erwarten kaum,
nun treiben sie Schuss auf Schuss;
im Garten der alte Apfelbaum
er sträubt sich, aber er muss.
Wohl zögert auch das alte Herz
und atmet noch nicht frei,
es bangt und sorgt: »Es ist erst März,
und März ist noch nicht Mai.«
O schüttle ab den schweren Traum
und die lange Winterruh',
es wagt es der alte Apfelbaum,
Herze, wag's auch du!“
Feder trifft Farbe!
Zwei Neustädter Autoren wirken seit Jahren mit in der Wunstorfer Textschmiede. Und die hat sich in den letzten Wochen reichlich mit der Bildenden Kunst beschäftigt. So besuchte die Gruppe eine Schreibwerkstatt im Sprengel-Museum und schrieb beeindruckende Texte zu den Bildern von Bernd M. Langers Ausstellung im Rosenkrug in Neustadt. Jetzt traf sie sich mit der Künstlergruppe um Simone Albrecht in Blumenau, um eine weitere Kooperation von Literatur und Kunst auf Augenhöhe auszuloten. Dabei drehen unsere Dichter den Spieß einmal um und beschreiben wortmalerisch ein Bild, das später von den Künstlern gemalt werden soll. In der Kurzgeschichte von Wilfried Benthin aus Neustadt „Ich versuche ein Bild zu malen“ springen einen die Elemente förmlich an, es gerät ein Schiff in Seenot und man hört sogar etwas:
„Wir Menschen sehen die Welt in allen Farben, also nehme ich meine Farbpalette zur Hand. Noch erscheint die Leinwand in einem nichtssagenden Weiß. Der Wind lässt das halboffene Fenster in meinem Zimmer klappern, und ich habe eine Idee. Ich male dunkle Wolken, die fast bedrohlich die obere Hälfte des werdenden Bildes einnehmen. Wie von Geisterhand wandert der Pinsel darüber hinweg und gestaltet es noch intensiver. Nun überlege ich nicht lange und beginne mit dem Rest, eine durch den Sturm hoch aufgetürmte See zu malen. Im Vordergrund überschlagen sich die Wellen, und die weißen Schaumkronen sprühen ihre Gischt förmlich aus dem Bild heraus. In der Ferne sind die Decksaufbauten eines Schiffes zu erkennen, das um sein Dasein kämpft. Ich trete zwei Schritte zurück, betrachte mein Werk und meine, „Dit-dit-dit, daaa-daaa-daaa, Dit-dit-dit“ im Hintergrund zu hören.“
Und jetzt gucken wir mal, welches Bild daraus - gemalt - entsteht! Wir berichten weiter!
Alle Jahreszeiten wieder!
Johanna Korte leitet mit Engagement und Empathie
den Literaturzirkel „Jahres-Zeiten-Poesie“ für an Literatur interessierte
und begeisterte Frauen und Männer in der "Dorfwerkstatt“ in Bordenau im
Birkenweg! Einmal im Monat montags von 14.45 - 16.15.Uhr. Und eben am
nächsten Montag, dem 13.März 2023, auch wieder. Der Gesprächskreis wurde vor
drei Jahren schon eingerichtet, dazwischen kamen einige Krisen, jetzt kommen
die Jahreszeiten doch wieder, wie die zum Beispiel von Hoffmann von
Fallersleben:
„Oh, wie ist es kalt geworden
und so traurig, öd und leer!
Rauhe Winde wehn von Norden,
und die Sonne scheint nicht mehr.
Schöner
Frühling, komm doch wieder,
lieber Frühling, komm doch bald.
Bring uns
Blumen, Laub und Lieder,
schmücke wieder Feld und Wald!“
Woher kommt unsere Liebe zum Meer und die ewige Sehnsucht nach einer Insel?
Die Fähre braucht vom Festland eine Stunde auf die kleine Nordseeinsel, manchmal länger, je nach Wellengang. Hier lebt in einem der zwei Dörfer seit fast 300 Jahren die Familie Sander. Drei Kinder hat Hanne großgezogen, ihr Mann hat die Familie und die Seefahrt aufgegeben. Nun hat ihr Ältester sein Kapitänspatent verloren, ist gequält von Ahnungen und Flutstatistiken und wartet auf den schwersten aller Stürme. Tochter Eske, die im Seniorenheim Seeleute und Witwen pflegt, fürchtet die Touristenströme mehr als das Wasser, weil mit ihnen die Inselkultur längst zur Folklore verkommt. Nur Henrik, der Jüngste, ist mit sich im Reinen. Er ist der erste Mann in der Familie, den es nie auf ein Schiff gezogen hat, nur immer an den Strand, wo er Treibgut sammelt. Im Laufe eines Jahres verändert sich das Leben der Familie Sander von Grund auf, erst kaum spürbar, dann mit voller Wucht.
Klug und mit großer Wärme erzählt Dörte Hansen vom Wandel einer Inselwelt, von alten Gesetzen, die ihre Gültigkeit verlieren, und von Aufbruch und Befreiung, alles in ihrem neuen Buch „Zur See“. Und das in einer Sprache, die ihren treffenden Witz aus ihrem Buch „Altes Land“ und die stimmungsvolle Wehmut aus „Mittagsstunde“ in eine dralle, raue Weise überhöht, die uns mitreißt!
Neustadt Helau! Rübenberge Alaaf!
Nu is et widder Karneval /Da lache und scherzen se widder all /
Doch bleibt dat Lachen im Halse stecken, /et jibbt ja kaum noch richtige Jecken.
Wo Fastnachtswitz mit feinem Stift / Verspritzt sonst parodistisch lustig Jift,
Da haut die Zimmermann mit gröbstem Scherz / Auf unsern humorlos trock´nen Merz.
Da wartet mancher, dat die Quote kütt, / und verliert sich nuhr in seiner Bütt.
Dä Schröder schreddert Rübenberge,
Oliver welkt so vor sich hin,
und Jan böhmert sich durch sein Investigativ,
so fällt der kleine Mann janz, janz tief:
Nach Pandemie, Klima, Krieg und solche Sache,
hat der ja nich mehr viel ze Lache.
Ja Neustadt, an schöner Leine festgemacht,
hier wird neben den Mühen sonst auch viel gelacht.
Doch wenn einer will sein Haus verkaufen für teures Jeld
Dann „Augen auf“. wem dat ins Auge fällt!
Hier werden Brücken eingerissen noch und nöcher,
über fertige darf man nich: sind da noch Löcher?
Gemeinwohlökonomie muss sich extra gründen,
Um Verfassungsansprüche neu zu erfinden.
Und sprachlich sitzen wir auf Regions Rändern
Und können ohne Melissa jetzt alleine gendern.
Da fällt et wirklich schwer, noch laut zu lachen – gemeinsam oder alleine
Am Wasserfall, vorm Schreibtisch oder an unserer schönen Leine.
„Man gab mir einen Körper“!
Das Gedicht stammt aus der Feder des russischen Dichters Ossip Mandelstam (1891 – 1938):
„Man gab mir einen Körper — wer
Sagt mir, wozu? Er ist nur mein, nur er.
Die stille Freude: atmen dürfen, leben.
Wem sei der Dank dafür gegeben?
Ich soll der Gärtner, soll die Blume sein.
Im Kerker Welt, da bin ich nicht allein.
Das Glas der Ewigkeit — behaucht:
Mein Atem, meine Wärme drauf.
Die Zeichnung auf dem Glas, die Schrift:
Du liest sie nicht, erkennst sie nicht.
Die Trübung, mag sie bald vergehn.
Es bleibt die zarte Zeichnung stehn.“
Wir lesen weiter!!
Nach der Absage der letzten großen Lesung zum „Tag der Deutschen Einheit“ war es lange nicht klar, wie es mit unserem lesendem Dorf weitergehen könnte. Jetzt hatten die Leiter Annegret Scholz und Martin Drebs viele der aktiven Vorleser zu einem Konzeptionsgespräch eingeladen. Der Tenor der Einladung war noch etwas scheu und unsicher: „Wir sind alle älter geworden - reifer? - und die Kräfte reichen oft nicht mehr hin. Junge Nachfolger sind noch nicht in Sicht. Dies` Schicksal teilen wir uns mit vielen anderen Einrichtungen, und vielleicht soll es ja auch zu Ende gehen: würdig, heiter und poetisch!“
Aber Pustekuchen! Es geht weiter! Wir lesen weiter! Und haben uns schon ein Buch ausgewählt – dazu demnächst mehr. Und das wollen wir in Auszügen auch gerne wieder am 3. Oktober vorlesen. Bestens vorbereitet wie immer, besonders aufs gute Vorlesen, aber nicht mehr mit dem ganzen Drumherum: Die Kunstsporthalle abdunkeln, das Orchester aufbauen, die Lichtanlage aussteuern und vieles andere mehr.
Dabei wünschen wir uns, dass unser verehrtes Publikum wiederkommt und es zu schätzen weiß, wenn wir aus dem Lesbaren das Lesenswerte auswählen.
Der alte Mann und das Mehr
Am Samstag, dem 18. Februar 2023, um 20 Uhr gibt es ein Poetry-Slam-Show mit
Klaus Urban im Gymnasium Neustadt.
Mit dem Auftritt des Ehepaars Verena und Klaus Urban bietet der Abend einen weiteren, besonderen Leckerbissen. Denn die Ehepartner treten auch im Team auf und setzen ihre Beiträge gekonnt im Duett in Szene:
„Der alte Mann und das Mehr“ - unter diesem Namen performen Verena und Klaus Urban ihre Beiträge.
Wir dürfen hier vorab schon auf den Wortwechsel schauen; dabei sind die Texte farbig unterlegt: Blaue Teile werden gemeinsam gesprochen, schwarz spricht der alte Mann und Rot ist „Das Mehr“.
Wachen? Träumen?
Schon Shakespeares Hamlet war sich nicht ganz sicher, ob das Leben vielleicht nur ein Traum sei. Mir träumte, ich sei ein Schmetterling, und jetzt weiß ich nicht mehr, bin ich ein Mensch, der von einem Schmetterling geträumt hat oder umgekehrt. Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum, hieß es in bewegten Zeiten. Karoline von Günderrode (1780 bis 1806), eine deutsche Dichterin der Romantik, spürte sogar einen
„Kuss im Traume“:
„Es hat ein Kuss mir Leben eingehaucht,
Gestillet meines Busens tiefstes Schmachten.
Komm, Dunkelheit! mich traulich zu umnachten,
Dass neue Wonnen meine Lippe saugt.
In Träume war solch Leben eingetaucht,
Drum leb' ich, ewig Träume zu betrachten,
Kann aller andern Freuden Glanz verachten,
Weil nur die Nacht so süßen Balsam haucht
Der Tag ist karg an liebesüßen Wonnen,
Es schmerzt mich seines Lichtes eitles Prangen
Und mich verzehren seiner Sonne Gluthen.
Drum birg dich Aug' dem Glanze ird'scher Sonnen!
Hüll' dich in Nacht, sie stillet dein Verlangen
Und heilt den Schmerz, wie Lethes kühle Fluten.“
Albert Einstein hat das Wort!
Auch er kommt bei der Konzertlesung am 19.1.23 im Ratskeller zu Wort. Er hat nicht nur die Physik geprägt, sondern auch die Weltanschauung der Menschen beeinflusst. Mit seinem moralischen Feingefühl äußerte er sich in vielen Zitaten auch über die hässlichen Seiten der Menschheit und über Kriege: „Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen. Was mich erschreckt, ist nicht die Zerstörungskraft der Bombe, sondern die Explosionskraft des menschlichen Herzens zum Bösen. Der Mensch erfand die Atombombe, doch keine Maus der Welt würde eine Mausefalle konstruieren. Die Rüstungsindustrie ist eine der größten Gefährdungen der Menschheit. Es ist einfacher, radioaktives Plutonium zu entsorgen als das Böse im Menschen. Heldentum auf Kommando, sinnlose Gewalt und die leidige Vaterländerei, wie glühend hasse ich sie, wie gemein und verächtlich erscheint mir der Krieg; ich möchte mich lieber in Stücke schlagen lassen, als mich an einem so elenden Tun beteiligen!“
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Lasst uns das Jahr mit Heinrich Heines Gedicht „Deutschland – ein Wintermärchen“ beginnen:
„Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein,
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen soll nicht der faule Bauch,
Was fleißige Hände erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder,
Auch Rosen und Myrten, Schönheit und Lust,
Und Zuckererbsen nicht minder.
Ja, Zuckererbsen für jedermann,
Sobald die Schoten platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.
Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir euch besuchen
Dort oben, und wir, wir essen mit euch
Die seligsten Torten und Kuchen.
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Das Miserere ist vorbei,
Die Sterbeglocken schweigen.
Die Jungfer Europa ist verlobt
Mit dem schönen Geniusse
Der Freiheit, sie liegen einander im Arm,
Sie schwelgen im ersten Kusse.
Und fehlt der Pfaffensegen dabei,
Die Ehe wird gültig nicht minder -
Es lebe Bräutigam und Braut,
Und ihre zukünftigen Kinder!“
Können wir noch positiv denken?
Fürs neue Jahr wollen wir ein schönes Buch empfehlen: Martin Smatana „Ein Jahr voller guter Nachrichten“, erschienen im Pattloch-Verlag für 12 Euro. Auf dem Buchdeckel heißt es: „Es gibt sie noch, die guten Nachrichten! Für alle, die das Gefühl haben, in den letzten Jahren mehr als genug schlechte Nachrichten gehört zu haben: Der prämierte Animationsfilmemacher Martin Smatana hat einen originellen Weg gefunden, für etwas Aufmunterung zu sorgen. Für jede Woche des Jahres hat er eine „gute Nachrichtenmeldung“ aus aller Welt ausgewählt und sie zu zauberhaften Bildern aus gebrauchten Textilien arrangiert.“ Kostprobe gefällig? „Ein österreichischer Künstler baute für die Bewohner eines Altenheims Vogelhäuschen nach dem Vorbild ihrer früheren Häuser. So waren sie von Dingen umgeben, die Teil ihrer eigenen Erinnerung sind.“
Lassen Sie uns positiv denken, damit wir die anderen Dinge besser bewältigen können. Vergessen wir nicht die Realität, doch trösten wir uns gelegentlich mit einer guten Nachricht.
Und darin besteht Ihre Aufgabe fürs neue Jahr: Jede Woche eine gute Nachricht finden und aufschreiben!
Fliegen Sie gut!
Haben Sie sich nicht schon einmal darüber gewundert, warum der Mensch nur einen Flügel hat? Denn nur wenn sich zwei Menschen umarmen, können sie fliegen. In diesem Sinne wünschen wir einen guten Flug!
Bleiben wir im Gespräch?
„Das echte Gespräch oder Möglichkeit des Friedens“ so nannte der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber seine Dankesrede zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1953 in der Paulskirche zu Frankfurt am Main.
Martin Buber war einer der wenigen Zionisten damals, der eine jüdisch-arabische Zusammenarbeit in Palästina für lebensnotwendig hielt und erste Besuche in Deutschland wagte; dafür war er in Israel umstritten.
Die aktuell wirkende Rede stellt die Völkerverständigung in den Mittelpunkt:
„Der Krieg hat von je einen Widerpart, der fast nie als solcher hervortritt, aber in der Stille sein Werk tut: die Sprache - die erfüllte Sprache, die Sprache des echten Gesprächs, in der Menschen einander verstehen und sich miteinander verständigen. Es liegt im Wesen schon des primitiven Kriegs, daß er jeweils da beginnt, wo die Sprache aufhört, das heißt, wo die Menschen sich nicht mehr miteinander über die strittigen Gegenstände zu unterreden oder sie der schlichtenden Rede zu unterbreiten vermögen, sondern miteinander der Sprache entfliehen, um in der Sprachlosigkeit des Einanderumbringens eine vermeintliche Entscheidung, sozusagen ein Gottesurteil zu suchen; bald bemächtigt sich freilich der Krieg auch der Sprache und versklavt sie in den Dienst seines Schlacht-Geschreis. Wo aber die Sprache, und sei es noch so scheu, wieder von Lager zu Lager sich vernehmen läßt, ist der Krieg schon in Frage gestellt. Seinen Kartätschen wird es leicht, das Wort zu übertönen; aber wenn das Wort ganz lautlos geworden ist und nun, lautlos, hüben und drüben die Kunde in die Herzen trägt, daß kein menschlicher Konflikt durch Töten, auch nicht durch Massentötung, wirklich zu lösen ist, hat es, das Menschenwort, schon angefangen, die Kartätschen zum Verstummen zu bringen.“
Die ganze Rede von Martin Buber liest Martin Drebs am Sonntag, dem 18.12.2022 um 15 Uhr im Lokalradio Neustadt, Marktstr.34 (Hintereingang) – mit besonderen Musikimprovisationen. Der Eintritt ist frei.
Lesen, was gesund macht!
Die Bücherbude Bordenau ist wieder wie neu! Es glänzt und strahlt aus allen Regalen, fleißige Hände mit Blick für das Wesentliche und Gestalterische haben aufgeräumt, geputzt und neu beschriftet. Und anders als bei den vielen auch erfolgreichen Bücherschränken in der ganzen Stadt stehen unsere bunten, geschichtenvollen Bücher im Warmen und Hellen in der
Holunderapotheke in der Bordenauer Straße. Jetzt macht es wieder Spaß zu stöbern, zu leihen, zu tauschen, alles ohne Geld! Und wenn ihr was nicht findet, könnt ihr immer noch zur Bibliothek oder wir besorgen euch euer Lesefutter.
In der folgenden Woche laufen dazu noch einige besondere Aktionen: Es warten wunderschöne Lesezeichen auf ein interessiertes Publikum, dazu gibt es Tipps, was man aus alten Büchern alles basteln kann für gelegentlich anstehende Festtage.
Dafür steht das Bücherbudenteam am Mittwoch, 14.12.22 von 10 bis 12 Uhr und Donnerstag, 15.12.22 von 15 bis 17.30 Uhr mit Rat und Tat zur Seite.
Und es wird natürlich gelesen: Klassiker, Moderne, Ratgeber, Kinderbücher, Bücher über Bordenau und vieles mehr. Und wir lesen auch aus der „Rentnerbravo“ eben das, was gesund macht. Dazu hat der Apothekenmeister noch ein kalendarisches Geschenk für unsere Gäste.
Also nix wie hin!
Tja, der Nikolaus, das war ein toller Typ!
Wenn in der Nacht zum 6. Dezember der Heilige Nikolaus durch die Wohngebiete zieht, liegen tausende Kinder aufgeregt in ihren Betten – der Nikolaus verteilt Nüsse, Äpfel, Süßes und Geschenke. Aber woher hat der Bischof von Myra den Ruf, so unglaublich großzügig zu sein?
Über ihn erzählt man sich noch viele andere abenteuerliche Geschichten:
Er gilt als Patron der Seeleute, der manche Mannschaft gerettet hat und auch eine Hungersnot soll er mit einem Kornwunder beendet haben:
So erzählt man sich, dass der Heilige Nikolaus für eine wundersame Kornvermehrung verantwortlich war. Als über die Stadt Myra eine große Dürre kam, litten die Menschen unter Hunger. Ein Schiff, vollbeladen mit Getreide, ankerte in Myra, doch die Seeleute durften nichts von ihrem Gut abgeben. Sie fürchteten die Strafen des Kaisers, der auf jedem Gramm bestand.
Nikolaus überredete die Besatzung, den Menschen von Myra ein wenig Getreide abzugeben und versprach gleichzeitig, dass bei der Ankunft beim Kaiser nichts fehlen wird. Tatsächlich bekam die Bevölkerung von Myra ein wenig Korn und die Besatzung des Schiffes konnte trotzdem das vollständige Ladegut beim Kaiser abliefern. Von den wenigen Scheffeln Getreide, die in Myra blieben, lebten die Menschen zwei Jahre lang und es reichte sogar für die Getreideaussaat.
Ob Nikolaus wohl dieser Tage auch beim Abkommen zwischen der Ukraine und Russland mitgemischt hat? Vielleicht!
Was? Schon wieder Advent?
Gut, wir haben es das ganze Jahr über gewusst: Weihnachten kommt bestimmt! Und schneller als erwartet – wie jedes Jahr. Aber war vor zwei Wochen nicht noch Sommer? Wir haben draußen gesessen und „abgegrillt“. Passend zum Ende der Klimakonferenz in Ägypten wird es wieder kälter – endlich möchte man sagen, wenn da nicht die gestiegenen Heizkosten wären. „Pulli an!“ raunt da der gemeine Sarazin. Allso, von Weihnachts- und geschweige denn Adventsstimmung nicht die leiseste Spur im ersten Schnee. Doch der St.Benno Verlag in Leipzig weiß Rat, zum Beispiel mit dem „Himmelstrunk, einer wohlschmeckenden Mischung aus Orange, Nelke und Zimt, auch für alkoholfreien Punsch geeignet, mit Zusatzrezepten, inspiriert von Hildegard von Bingen“. Traditionell wird der Zeitraum mit einem Adventskranz begleitet, an dem an jedem Sonntag im Advent eine Kerze entzündet wird, bis wir schließlich den Heiligen Abend feiern. Dieser Brauch ist sicherlich der bekannteste von zahlreichen Traditionen im Advent und ist nicht zuletzt aufgrund der schmückenden und meditativen Wirkung mit seinen grünen Zweigen und den leuchtenden Kerzen beliebt. Wie man nun die Kerzen jeweils sonntags anzündet, überlassen wir dem individuellen Spielraum. Wenigstens der Adventskalender liegt in diesem Jahr noch richtig und beginnt am 1. Dezember. Aber sollen wir denn den ganzen Dezember hindurch Punsch trinken. Auch hier wieder hilft der heilige Benno mit seinem Tee-Adventskalender „mit 24 leckeren Geschmacksrichtungen aus hochwertigen Früchte-, Kräuter-, Grün- und Schwarztees“. Und zu jeder Mischung wird die notwendige Stimmung gleich mitangeben: „Adventsfreude/Stille Freude/Anti-Stress-Tee/Barbarablüte/Erfüllte Zeit/Nikolausüberraschung/Herzensfreude/Adventszauber/Sehnsuchtsort/ Licht-reiche Zeit/Hoffnungszeit/Ruhezeit/Heilige Lucia/ Segenszeit/Jubilate/ Gelassenheit/ Mußestunde/Engelgesang/Besinnliche Zeit/Auszeit für die Seele/ Adventstraum/Englischer Gruß/Kaspar, Melchior und Balthasar/Heiligabend“. Na denn, fröhliches und besinnliches adventliches Teeschlürfen!
Traut euch! Schreibt was! Wozu? Zur Kunst! Zur Kunst von Bernd M. Langer. Im Rahmen der Ausstellung „Jetzt und Zurückschauen - Zu den Arbeiten Bernd M. Langers 2022 bis 1971“ im November 2022 im historischen Rosenkrug an der Nienburgerstraße 28 in Neustadt möchten wir am Samstag, dem 19. November 2022, von 14 bis 16 Uhr mit interessierten Menschen das Experiment einer Rezeptionswerkstatt durchführen. Es sind noch ein paar Plätze frei – bei freiem Eintritt sowieso. Wie gehören eigentlich Kunst und Literatur zusammen? Können Worte das wiedergeben, was uns im Bild entgegenkommt. Wir wollen das ausprobieren! Unter Leitung des Werkstattleiters Martin Drebs können Sie sich in ihr gewähltes Bild, eine Zeichnung, eine Druckgraphik, eine Plastik vertiefen und dazu Worte, Sätze, Texte schreiben. Hinterher stellen wir uns die Texte gegenseitig vor und dann auch noch dem Künstler selbst. Bernd M. Langer ist sehr an der Wirkung seiner Werke interessiert und nimmt den Betrachter und seine Sichtweisen sehr ernst. Und so kommen die Autoren und der Künstler vielleicht in ein gemeinsames Gespräch. Wer jetzt schon einen Blick auf einen Teil von Langers Werken tun möchte, kann das unter der „Künstlerdatenbank und Nachlassarchiv Niedersachsen“ schon mal wagen. Schreibkünstler Martin Drebs: „Es macht total viel Spaß, Worte für die Kunst zu finden, persönlich und doch angebunden. Ich war Anfang November zu einer solchen Schreibübung im Sprengel-Museum. Hier und heute ist jedoch der unschätzbare Vorteil, dass man sich mit dem Schöpfer der Werke über seine eigenen Worte und Gedanken austauschen kann!“ Also: traut Euch!
An diesem Sonntag feiern wir allenthalben den Volkstrauertag. „Unser Dorf liest“ beteiligt sich mit engagierten Texten an der Gestaltung in Bordenau. Der walisische Schriftsteller Dylan Thomas hat dazu ein beeindruckendes Gedicht geschrieben, deren Anfang wir hier in der Übertragung von Erich Fried zitieren: „Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben Die nackten Toten die sollen eins Mit dem Mann im Wind und im Westmond sein; Blankbeinig und bar des blanken Gebeins Ruht ihr Arm und ihr Fuß auf Sternenlicht. Wenn sie irr werden solln sie die Wahrheit sehn, Wenn sie sinken ins Meer solln sie auferstehn. Wenn die Liebenden fallen – die Liebe fällt nicht; Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.“
Im Rahmen der Ausstellung „Jetzt und Zurückschauen - Zu den Arbeiten Bernd M. Langers 2022 bis 1971“ im November 2022 im historischen Rosenkrug an der Nienburgerstraße gestalten die Bordenauer Künstler Martin Drebs und Andreas Wittich eine literarisch – musikalische Veranstaltung am kommenden Donnerstag, dem 10.11.2022 ab 19 Uhr – mit dem Titel: „Gefährdete Inseln“. Während Bernd M. Langers über 60 Jahre währendes künstlerisches Lebenswerk ein Ausdruck seiner Auseinandersetzung mit der Welt der Inseln darstellt, hat sich die Weltlage dramatisch ins Anthropozän hinein entwickelt. Die musikalische Lesung greift diese zivilisationskritischen und klimaverändernden Themen auf: Von der biblischen Schöpfungsgeschichte über die „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome hin zur Unterwasserpressekonferenz der gefährdeten Inselstaaten wird diese Entwicklung beispielhaft nachgezeichnet und mit wunderbaren Gedichten von Dylon Thomas kombiniert und hoffnungsvoll gegengewichtet. Zu den einzelnen Schaffensphasen Langers werden kunstkritische Texte zu seinem Werk eingeblendet. Bertolt Brechts „Gedicht an die Nachgeborenen“ mahnt gleich zu Beginn die Gefährdungen der Welt an „Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt.“ Heute müssen wir auch über Bäume sprechen! Und deren Gefährdung! In den musikalischen Teilen werden aufgenommene Improvisationen mit Klarinette, Klavier, Percussions und Sounds von Andreas Wittich eingespielt, die den Texten entsprechend zugeordnet wurden. Es bleibt spannend! Und der Eintritt frei!
Fast alles dreht sich um Inseln bei der Ausstellung von Bernd M.Langer im Rosenkrug im November. Da freuen wir uns an Ausschnitten aus dem Lied von Klaus Hoffmann "Eine Insel im Meer": "Eine Insel im Meer, so stark in meinen Träumen, wie sehn´ ich mich nach ihr, mein Eiland, mein Schutz, meine Liebe zu ihr, bleibt ungenannt und tiefer als das Meer. Die Insel ist in Dir und mir, das weiß ich schon so lang! Wo nehmen wir die Werte eher, wie fangen wir neu an? Ich habe nicht gelernt zu lieben, ziehe mit dem Wind, um dich zu finden , meine Insel!"
Nach unserer großen viertägigen Lesung von Walter Kempowskis „Echolot“ im Jahre 2019 widmen wir uns auch diesmal wieder dem Thema Krieg. Mit dem Titel: FLÜCHTLINGSGESCHICHTEN liest unsere Kultur-Initiative „Bordenau - Unser Dorf liest“ am Volkstrauertag, Sonntag, dem 13. November 2022, im Dorfgemeinschaftshaus (DGH), Am Dorfteich 15 in Bordenau ab 15.30 Uhr aktuelle und historische FLÜCHTLINGSGESCHICHTEN von Menschen aus der Ukraine und von Menschen aus Bordenau am Ende des 2.Weltkriegs. Bei aller Unvergleichbarkeit sollen die schrecklichen Auswirkungen von Kriegen aufgezeigt werden. Wir stellen die Arbeit am sog. Bundesdrehkreuz auf der Messe vor. Außerdem geht es um die Aufnahme einer ukrainischen Familie in Bordenau und deren Fluchtgeschichte. Drei Bordenauer (Johanna Korte, Jürgen Quast und Werner Schmidt) berichten über die Fluchten ihrer Familien am Ende des 2.Weltkriegs. Als musikalische Begleitung ist Andreas Wittich angefragt, der eigene Kompositionen anlässlich verschiedener Kriegsgeschehnisse vorstellen will. Bei freiem Eintritt gehen die Überschüsse aus Spenden nach Abzug der Kosten an ukrainische Familien in Bordenau. Die Verteilung hat die Ortsbürgermeisterin zugesagt.
Wie gehören eigentlich Kunst und Literatur zusammen? Können Worte das wiedergeben, was uns im Bild entgegenkommt. Wir wollen das ausprobieren! Im Rahmen der Ausstellung „Jetzt und Zurückschauen - Zu den Arbeiten Bernd M. Langers 2022 bis 1971“ im November 2022 im historischen Rosenkrug an der Nienburgerstraße möchten wir mit interessierten Menschen das Experiment einer Rezeptionswerkstatt durchführen: die Betrachter sollen sich in ihr gewähltes Bild, eine Zeichnung, eine Druckgraphik, eine Plastik vertiefen und dazu Worte, Sätze, Texte schreiben. Dabei werden sie von dem Schreibwerkstattleiter behutsam nachdrücklich auf weitere poetische Möglichkeiten „hingewiesen“. Die Texte werden so besprochen und bearbeitet. Möglicherweise können diese zur Finissage vorgetragen werden. Mit den Ergebnissen gehen wir in ein Gespräch mit Bernd M. Langer, und er kann den Entstehungsprozess der Werke und seine Intentionen mit dem textlichen Ergebnis der Betrachter vergleichen. Und so kommen die Autoren und der Künstler vielleicht in ein gemeinsames Gespräch. Wer jetzt schon einen Blick auf einen Teil von Langers Werken tun möchte, kann das unter der „Künstlerdatenbank und Nachlassarchiv Niedersachsen“ schon mal wagen. Man kann sich aber auch erst in der Ausstellung von den Werken beeindrucken lassen! Interessierte können sich bei martindrebs@kabelmail.de melden. Ende Oktober wird dann der Termin gemeinsam abgestimmt. Das Angebot richtet sich auch an Kunst- und Deutschkurse und kann so in den Schulvormittag integriert werden. Sonntags ginge es Anfang November allerdings im Sprengel-Museum.
Zum ersten Mal fällt unsere große Lesung zum „Tag der deutschen Einheit“ aus Kräftemangel aus. Aus gegebenem Anlass zitieren wir hier Ausschnitte aus dem von Martin Drebs formulierten Konzept unserer erlesenen Revue „Vielstimmigkeit der Deutschen“ vom 3. Oktober 2002: „Wir selbst waren immer wieder mal und sind noch manchmal unsicher darüber, was wir an Texten, Liedern und Kompositionen ausgewählt haben; denn zu komplex, zu unüberschaubar, zu vielstimmig scheint die Vielstimmigkeit der Deutschen zu sein, die hier in der Mitte Europas in unserer Heimat seit Hunderten von Jahren zusammentreffen. Unsere Geschichte ist eine Geschichte von Brüchen, Verschiebungen, Aus- und Einwanderungen. Es sollten verschiedene thematisch-dramaturgische Bögen geschlagen werden, die die Vielstimmigkeit der Deutschen auf eine geschickte Weise beispielhaft zu fassen versuchen. Das alles heiter, kritisch und würdig und mit einer gehörigen Portion Lokalbezug, denn unser Projekt „Bordenau – Unser Dorf liest“ verdankt sich der Verankerung in dem kulturellen Leben unseres, gelegentlich globalen Dorfes – immerhin haben wir eine vorzüglich gepflegte Heimatseite. Denn schließlich leben wir in einer neuen Zeit. Und so sehr die Kontinuitäten bestimmter provinzieller Provenienz auf ihre Fortsetzung pochen, befinden wir uns im dritten Jahrtausend der christlichen Zeitrechnung; auf deutschem Boden hat sich eine fortschrittliche Verfassung etabliert, die die Menschenrechte und die Meinungsfreiheit zu ihren zentralen Ansprüchen zählt: Das bringt uns - mit aller Liebe zur Heimat - zu einem wohlempfundenen Verfassungspatriotismus, der in der deutschen Geschichte ohne Beispiel ist. Zu den Menschenrechten gehört dann aber auch die Charta der Menschenpflichten, die auf einem immer enger werdenden Planeten die Menschen zum Umdenken und zur Zusammenarbeit ermahnt und in eine völkerverständigende Stimmung hebt. Also vom deutschen Untertanen zum engagierten Mitbürger, von den Extern-Steinen zum Verfassungspatriotismus. Könnte es doch ein neues Stück „normaler Normalität“ werden, dass wir Deutschen uns irgendwie unbefangener mit uns beschäftigen können, ohne die Beispiellosigkeit unserer Geschichte leugnen zu brauchen? Die anderen Völker fragen ganz selbstverständlich nach unseren Gefühlen und Gedanken, und bewundern uns manchmal dafür, wie wir die Vergangenheit aufgearbeitet haben und immer noch versuchen. Denn das Verdrängte kehrt sonst irgendwann einmal überraschend unverständlich überwältigend zu uns zurück. Und so soll alles bezogen sein auf eine kommunikative Ethik, in der wir „Krieger der Poesie und des Geistes“ nicht nur durch Wahrhaftigkeit versöhnen, sondern mit theatralischen Mitteln das Unfassbare auf die Bühne bringen.“
Sollte Literatur auch belehren? Die Fabel tut´s ganz gern. Hier das Aesopsche Original vom „Der Rabe und der Fuchs“: „Ein Rabe hatte einen Käse gestohlen, flog damit auf einen Baum und wollte dort seine Beute in Ruhe verzehren. Da es aber der Raben Art ist, beim Essen nicht schweigen zu können, hörte ein vorbeikommender Fuchs den Raben über dem Käse krächzen. Er lief eilig hinzu und begann den Raben zu loben: „O Rabe, was bist du für ein wunderbarer Vogel! Wenn dein Gesang ebenso schön ist wie dein Gefieder, dann sollte man dich zum König aller Vögel krönen.“ Dem Raben taten diese Schmeicheleien so wohl, dass er seinen Schnabel weit aufsperrte, um dem Fuchs etwas vorzusingen. Dabei entfiel ihm der Käse. Den nahm der Fuchs behend, fraß ihn und lachte über den törichten Raben.“ Ach, übrigens: in diesen Tagen sind „Fairtrade-Wochen“ in Neustadt, da geht es um Tauschhandel in der Welt und eben darum, wie man fairer an den begehrten Käse kommt.
Heute schauen wir wieder einmal über den literarischen Tellerrand, nämlich zur Textschmiede nach Wunstorf: Seit mehr als 25 Jahren ziehen die Autorinnen und Autoren der Textschmiede Wunstorf (vormals Schreibwerkstatt am Stift) bei ihren Lesungen das Publikum mit ihren Geschichten in ihren Bann. Am Samstag, 24.09.2022, um 16:00 Uhr laden die sieben Autorinnen und Autoren nach einer langen Coronapause wieder zu einer literarischen Lesung ins Gemeindehaus der Corvinus-Gemeinde ein. Die dargebotenen „Text-Werk-Stücke“ lassen mal träumen, mal nachdenklich werden, aber immer wieder auch lachen. Am Flügel wird die Lesung von Matthias Schwieger begleitet. Einlass ab 15:40 Uhr. Eintritt frei. Nun wird die Wunstorfer Gruppe seit ein paar Jahren durch zwei Neustädter Autoren unterstützt, unter anderem von Wilfried Benthin. Er trägt eine Geschichte zum Frühjahrsputz bei: „Willi allein zu Haus“. Wir zitieren den Anfang, den Schluss erfahren Sie auf der Lesung: „Pünktlich fuhr der Zug an diesem sonnigen Tag im März mit dem Kurswagen über Oberammergau in den Bahnhof ein. Für rund drei Wochen verabschiedete ich meine Frau mit einem langen Kuss. Sie zur Kur und ich allein mit dem Hund zu Hause. Was könnte ich da alles machen. Eine zünftige Männerparty, Skat - oder Schachabende, wie früher noch einmal um die Häuser ziehen, aber nichts von dem konnte ich mir erlauben. Ich hatte ihr versprochen, den Frühjahrsputz zu übernehmen, doch jetzt war ich mir nicht sicher, ob das etwas zu voreilig war. Für den Rest des Tages beschäftigte ich mich mit unserem Terrier, denn für ihn war ja nun sein Rudel nicht mehr komplett. Am Abend setzte ich mich mit einem Glas Rotwein vor den Fernseher und sah mir einen dieser brutalen Krimis an, die meine Renate nun ganz und gar nicht liebte. Der Film war zu Ende, die Rotweinflasche leer und mit der nötigen Bettschwere schlich ich ins Schlafzimmer. „Als Rentner kann ich ja aufstehen, wenn ich wach werde“, sagte ich zu mir und verbrachte eine ruhige Nacht. Am nächsten Morgen wurde ich gegen Mittag wachgebellt und stand auf. Dann schnell noch eine Gassi Runde. Damit war ich schon jetzt aus der Bahn des täglichen Ablaufs geworfen. Eine Tasse, ein Messer, ein Teller, das müsste genügen. Warum brauchte die Kaffeemaschine für zwei Tassen heute so lange? Nach einem ungemütlichen Frühstück im Stehen machte ich mir einen Plan. Wir haben ein Wohnzimmer, Küche, Bad, Schlafzimmer, Abstellraum und zwei kleine Zimmer. Das sind sieben Räume. 21 Tage geteilt durch 7 Räume sind für jeden Raum 3 Tage. Nun rechnete ich für kleine Räume weniger und für größere mehr, bis es passte.“
Friedrich Hölderlin (1770 bis 1843) hat eine große Anzahl wunderschöner Gedichte auf seine geliebte Diotima geschrieben. Man kann sie natürlich als persönliches Bekenntnis lesen, doch - wenn man genau „hinliest“ – dann ist diese große Liebe auch nur in einer friedlichen Welt möglich. Doch lesen Sie selbst:
„Schönes Leben! du lebst, wie die zarten Blüten im Winter,
In der gealterten Welt blühst du verschlossen, allein.
Liebend strebst du hinaus, dich zu sonnen am Lichte des Frühlings,
Zu erwarmen an ihr, suchst du die Jugend der Welt.
Komm und besänftige mir, die du einst Elemente versöhntest,
Wonne der himmlischen Muse, das Chaos der Zeit,
Ordne den tobenden Kampf mit Friedenstönen des Himmels,
Bis in der sterblichen Brust sich das Entzweite vereint,
Bis der Menschen alte Natur, die ruhige, große,
Aus der gärenden Zeit mächtig und heiter sich hebt.
Kehr in die dürftigen Herzen des Volks, lebendige Schönheit!
Kehr an den gastlichen Tisch, kehr in die Tempel zurück!
Denn Diotima lebt, wie die zarten Blüten im Winter,
Reich an eigenem Geist, sucht sie die Sonne doch auch.
Aber die Sonne des Geists, die schönere Welt, ist hinunter
Und in frostiger Nacht zanken Orkane sich nur.“
Der Zauberer Clemens Ilgner kommt am Freitag, dem 9.9.2022, um 16.30 Uhr mit einer Zaubershow für Kinder ab 5 Jahre und mit einer Abendshow für Erwachsene "Zauberei aus der Hauptstadt" um 19.30 Uhr ins DGH nach Bordenau. Wir brauchen die Zauberei in unserer Zeit; wie reißt es uns mit, wie halten wir maulaffenfeil, wenn uns der Zauberer Dinge vorstellt und verschwinden lässt, sie kleiner und größer macht und dabei uns irgendwas vom Pferd erzählt. Letztens waren wir auf dem „Kleinen Fest im Großen Garten“; ein Zauberer aus Österreich, dazu der Vizeweltmeister im Zaubern – gibt´s denn sowas? – kam auf die Bühne und hielt in der Hand ein paar Spielkarten. „Oh“, sagte er, “Sie erwarten jetzt Kartentricks. Aber die sind auf der Bühne immer schlecht zu sehen. Hier sehen Sie mal, diese Karten können gerade noch in der achten Reihe gesehen werden. Aber wenn diese Karten nur halb so groß wären ...“, dabei hatte er die Karten im Handumdrehen auf die Hälfte verkleinert,“ dann sehen gerade noch die Besucher in den ersten Reihen. Und wenn sie noch kleiner werden, dann kann man sie gar nicht mehr sehen.“ Und schon hatte er die Karten bis auf Papierschnitzel verzaubert und verkleinert und pustete sie in die Luft… Wie haben wir da gelacht! Diese Zauberworte gibt es auch in der Literatur, von Novalis zum Beispiel: „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren/Sind Schlüssel aller Kreaturen/Wenn die, so singen oder küssen,/Mehr als die Tiefgelehrten wissen,/Wenn sich die Welt ins freye Leben/Und in die Welt wird zurück begeben,/Wenn dann sich wieder Licht und Schatten/Zu ächter Klarheit werden gatten,/Und man in Mährchen und Gedichten/Erkennt die wahren Weltgeschichten,/Dann fliegt vor Einem geheimen Wort/Das ganze verkehrte Wesen fort.“ Wir brauchen die Zauberei in unserer Zeit! Kommt alle und lasst euch verzaubern!
„Liebling, auch wir werden älter“, sang einst Willy Schneider. Und: „Alle wollen alt werden, aber keiner will es sein“. „Gemeinsam alt und verrückt werden, alleine ging´s natürlich schneller“. Dabei ist das Phänomen der schrulligen Alten längst bekannt, so dass schon Teresa von Avila (1515 – 1582) ein „Gebet des älter werdenden Menschen“ entwickelte: „O Gott, Du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter und eines Tages alt sein werde. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen. Lehre mich, nachdenklich, aber nicht grüblerisch, hilfreich, aber nicht diktatorisch zu sein. Bei meiner ungeheuren Ansammlung von Weisheit erscheint es mir ja schade, sie nicht weiterzugeben – aber Du verstehst, o Gott, dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte. Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen, zur Pointe zu gelangen. Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu - und die Lust, sie zu beschreiben, wächst von Jahr zu Jahr. Ich wage nicht, die Gabe zu erflehen, mir die Krankheitsschilderungen anderer mit Freude anzuhören, aber lehre mich, sie geduldig zu ertragen. Lehre mich die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann. Erhalte mich so liebenswert wie möglich. Ich möchte kein Heiliger sein – mit ihnen lebt es sich so schwer -, aber ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels. Lehre mich, an anderen Menschen unerwartete Talente zu entdecken, und verleihe mir, o Gott, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.“
Es geht wieder los: der kulturelle Herbst ist ausgebrochen! Da freut sich der Verfasser dieser Zeilen, an diesem Wochenende in Berlin zu sein, bei Matthias Brandt im Berliner Ensemble mit Max Frischs „Mein Name sei Gantenbein“. Wieso freut er sich denn, so weit weg zu sein vom Neustädter Land? Weil so viel los ist: das Parkbeben in Poggenhagen, Fahrradfriedensdemo zum Fliegerhorst und „Kulturgetümmel“ im Rosenkrug. Und jede Menge anderer kleinerer und größerer Veranstaltungen, die es sich zu besuchen lohnt. Aber der kluge Mensch weiß Rat: Freitag geht´s zum Parkbeben, samstags dann aufs Fahrrad geschwungen, anschließend gibt es auf der Waldbühne in Otternhagen gleich eine ganze „Woche voller Samstage“ und Sonntag „kulturtümmeln“ wir uns beim Kulturnetzwerk im Rosenkrug. Das wäre die Lösung! Da kann man nur froh sein, dass in Bordenau nicht so viel los ist! Und Sonntagsabend treffen wir uns dann alle vor dem TATORT wieder. Ist es denn schon ein neuer oder machen wir wieder unser Gedächtnisspiel: wer erinnert sich noch an den Täter. Na denn, fröhliches Wochenende!
In diesen Tagen erinnern wir uns an mahnende Stimmen aus den letzten Jahrzehnten. Einer dieser Stimmen ist der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber. Mit dem Titel: „Das echte Gespräch oder Möglichkeit des Friedens“ hielt er seine Dankesrede zur Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 1953 in der Paulskirche zu Frankfurt am Main. Wir zitieren mit Zustimmung der Rechteinhaber Auszüge; die gesamte Rede ist im Internet zugänglich: „Horchen auf die menschliche Stimme, wo sie unverfälscht ertönt, und Entgegnung an sie - das ist es, wessen es heute zuvorderst bedarf. Der betriebstolle Lärm der Stunde darf die vox humana, die zu Stimme gewordene Essenz des Menschlichen, nicht länger übertönen. Sie soll aber nicht bloß gehört werden, Antwort soll ihr widerfahren, die sie aus der einsamen Monologik ins anhebende Gespräch der Völker zieht. In ihren menschlichen Menschen müssen die Völker ins Gespräch kommen, wenn der Große Friede erscheinen und das verwüstete Leben der Erde sich erneuern soll…. Was man in der Geschichte Frieden nennt, ist ja nie etwas anderes gewesen als eine - angstvolle oder illusionsselige - Pause zwischen zwei Kriegen… Der Krieg hat von je einen Widerpart, der fast nie als solcher hervortritt, aber in der Stille sein Werk tut: die Sprache - die erfüllte Sprache, die Sprache des echten Gesprächs, in der Menschen einander verstehen und sich miteinander verständigen. Es liegt im Wesen schon des primitiven Kriegs, daß er jeweils da beginnt, wo die Sprache aufhört, das heißt, wo die Menschen sich nicht mehr miteinander über die strittigen Gegenstände zu unterreden oder sie der schlichtenden Rede zu unterbreiten vermögen, sondern miteinander der Sprache entfliehen, um in der Sprachlosigkeit des Einanderumbringens eine vermeintliche Entscheidung, sozusagen ein Gottesurteil zu suchen; bald bemächtigt sich freilich der Krieg auch der Sprache und versklavt sie in den Dienst seines Schlacht-Geschreis. Wo aber die Sprache, und sei es noch so scheu, wieder von Lager zu Lager sich vernehmen läßt, ist der Krieg schon in Frage gestellt. Seinen Kartätschen wird es leicht, das Wort zu übertönen; aber wenn das Wort ganz lautlos geworden ist und nun, lautlos, hüben und drüben die Kunde in die Herzen trägt, daß kein menschlicher Konflikt durch Töten, auch nicht durch Massentötung, wirklich zu lösen ist, hat es, das Menschenwort, schon angefangen, die Kartätschen zum Verstummen zu bringen.“ Lasst uns versuchen, wieder ins Gespräch zu kommen!
„Wenn erst keine Verbrennungsmotoren mehr auf unseren Straßen fahren, und die letzte Tankstelle geschlossen hat, werdet ihr merken, dass ihr abends um Elf kein Bier mehr an der Tanke kaufen könnt.“ So geißelte eine desinteressierte Öffentlichkeit die Umweltfans. Nun lädt die Stiftung Bordenau ein am Dienstag, dem 9.8.1922, zu einem Vortrag vom niedersächsischen Wissenschaftsminister a.D. und CDU-Mitglied Lutz Stratmann zum Thema Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Die Planungen für diese Veranstaltung laufen ja wohl schon länger, und da geht manchem Experten in dieser Zeit so, dass die Ereignisse die Themen überholen. So mag es auch Lutz Stratmann gehen, der sich eben jetzt in Folge der „militärischen Spezialoperation“ damit konfrontiert sieht, dass auch die Grünen in ihrer staatstragenden Rolle die Kohlekraftwerke weiterlassen laufen müssen. Stratmann möchte über den Erhalt unserer Lebensgrundlagen durch aktiven Klimaschutz berichten: „Grüne“, sichere und bezahlbare Energie. Er meint: „Die durch den Klimawandel hervorgerufenen Katastrophen nehmen dramatisch zu. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zeigt fatale Folgen! Krisen machen Veränderungen möglich, neue Chancen tun sich auf.“ Schon die Indianer wussten: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fisch gefangen, der letzte Fluss vergiftet ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“ Die Stiftung Bordenau bittet um elektronische Anmeldung über eine umweltfreundliche Plattform. Die Teilnahme ist kostenlos, Spenden sind erbeten. Dabei möchte man kabarettistisch anmerken: Wir erstellen für Sie eine Ökobilanz! Kommen Sie bitte mit dem Fahrrad, bringen Sie zum Heizen ein paar Holzpellets mit, atmen Sie flach, möglichst wenig Methan, nehmen Sie Ihren Müll wieder mit und bleiben Sie nachhaltig!
Paul Cornelius hat aus seiner Sommerresidenz wieder ein berauschendes Gedicht mitgebracht:
„Ich bin nur ein gemeiner Becher,
zum Kelche hat es nicht gereicht;
mich schüttelt berauschter Zecher,
darauf bin ich geeicht.
Ein Kelch füllt sich mit Namen und Worten,
purpurn königlich kommt er daher:
Schicksal, Feiern und Feste allerorten;
Nach mir fragt keiner mehr.
Doch eines Tages neigt sich der Abend
Dem versöhnenden Weine zu,
Und Becher und Kelche gemeinsam labend
Kommen zur vereinigenden Ruh´.“
Bei den Temperaturen kühlten ein paar Wintergedichte ganz gut; doch auch das feurige Gedicht von Else Lasker-Schüler (geboren 1869 in Wuppertal – gestorben 1945 in Jerusalem) passt in dieses Wetter: „Die schwarze Bhowaneh /Göttin der Nacht! Meine Lippen glühn Und meine Arme breiten sich aus wie Flammen! Du musst mit mir nach Granada ziehn In die Sonne, aus der meine Gluten stammen… Meine Ader schmerzt Von der Wildheit meiner Säfte, Von dem Toben meiner Kräfte. Granatäpfel prangen Heiß, wie die Lippen der Nacht! Rot, wie die Liebe der Nacht! Wie der Brand meiner Wangen. Auf dem dunklen Schein Meiner Haut schillern Muscheln auf Schnüre gezogen, Und Perlen von sonnenfarb´gem Bernstein Durchglühn meine Zöpfe wie Feuerwogen. Meine Seele bebt, Wie eine Erde bebt und sich auftut Dürstend nach Luft! Nach säuselnder Flut! Heiße Winde stöhnen, Wie der Odem der Sehnsucht, Verheerend wie die Qual der Sehnsucht… Und über die Felsen Granadas dröhnen Die Lockrufe der schwarzen Bhowanéh!“
Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann! Sie alle kennen als Rätselfreunde das „Um die Ecke gedacht“ als „Synapsengymnastik“. Dabei wird das zu suchende Wort nicht direkt angesteuert, wie zum Beispiel: Bedeutendes Kulturdorf im Süden des Neustädter Landes mit acht Buchstaben, sondern ähnlich wir beim Teekesselchen als Sprachspiel eingekreist. Beispiel für Teekesselchen: Meines kann laufen, meines setzt sich auf Nahrung fest? Beispiel „Um die Ecke gedacht“: Süßer Schaumstoff mit Schokoladenüberzug und Migrationshintergrund? Oder: Grünzeugrettung womöglich, knallerdings Zerstörungswerk oft auch? Das hängt mit den Möglichkeiten der Sprache zusammen, dass nämlich ein Begriff verschiedene Bedeutungen haben kann: „Da jedes Wort selbst eine Ungenauigkeit und damit eine Unwahrheit darstellt, kann Sprache kein Fundament der Wahrheit sein“, schreibt Friedrich Nietzsche. Ein Tisch ist ein Tisch ist ein Tisch, sodass auch ein Geschirrtuch beim Picknick zum Tisch werden kann. Oder ich komme zum Metzger und sage an der Theke: „Ich hätte gern von der Groben, Fetten.“ Und mir wird geantwortet: „Die hat heute Berufsschule!“ Hier haben wir zuletzt bei unserem Münchhausen-Programm um die Ecke gedacht in der Kolumne vom 13.9.2018. Gesucht wurde „Teil süddeutscher Großstadt mit vandalischem Ende, insgesamt Erfinder der Fake-News“. Lösung diesmal in Spiegelschrift: NESUAH-HCNÜM. So eignet sich der runde Kopf besonders gut fürs Um- die Ecke-Denken. Mehr davon Anfang Oktober bei „Versprecher sind versprochen“ Sprachkuriositäten aller Art .
Joseph von Eichendorff schickt uns an den Flughäfen vorbei zu Fuß auf die Reise:
„Wem Gott will rechte Gunst erweisen,
Den schickt er in die weite Welt,
Dem will er seine Wunder weisen
In Berg und Wald und Strom und Feld.
Die Trägen, die zu Hause liegen,
Erquicket nicht das Morgenrot,
Sie wissen nur von Kinderwiegen,
Von Sorgen, Last und Not um Brot.
Die Bächlein von den Bergen springen,
Die Lerchen schwirren hoch vor Lust,
Was soll ich nicht mit ihnen singen
Aus voller Kehl´ und frischer Brust?
Den lieben Gott lass ich nun walten,
Der Bächlein, Lerchen, Wald und Feld
Und Erd und Himmel will erhalten,
Hat auch mein Sach´ aufs Best bestellt.“
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Martin Drebs, Initiator von "Unser Dorf liest"(mehr Infos zu Martin Drebs)Tel. 05032-1426, FAX 05032-915202 |