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Unser Dorf liest

Arbeitskreis 
"Unser Dorf liest"

Kolumnen - Archiv 1.7.2003 - 30.9.2003


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Lieblingsbibel
315. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 24.9.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Noch bevor der Bordenauer Pianist Meenhard Fokken die Szenische Lesung „Im Krebsgang“ von Günter Grass am 3. und 4. Oktober mit Schlagern und Chansons der Dreißiger und Vierziger Jahre in ein musikalisch-historisches Gewand taucht, begleitet er am heutigen Mittwoch, dem 24. September 2003, ab 19.00 Uhr im Gemeindesaal der evangelischen St.Thomas-Gemeinde die Lesung von Geschichten rund um die Bibel. Nach Schöpfungs- und Passionsgeschichte ist das die dritte gemeinsame Lese-Aktion von Kirchengemeinde und “Bordenau – Unser Dorf liest.“ Für heute haben Gemeindemitglieder und Mitbürger aus Bordenau, die die Bibel kennen, lieben und schätzen, ihre Lieblingsgeschichten aus der Bibel oder andere Texte rund ums „Heilige Buch“ ausgewählt, um sie bei freiem Eintritt einer geneigten Hörerschaft darzubringen. Da kommen alte Mythen auf, da drängen tröstende Psalmen hinzu oder die Paulusbriefe an die ersten Christen werden wichtig. Nicht so sehr Verkündigung, als viel mehr persönliche Bezüge aus Leben und Erfahrung spielen da hinein und entfalten ihre besondere Wirkung. Weiter geht es in diesen Wochen mit „Bibel mobil“ , da lesen wir interessierten Mitbürgern ihre Lieblingsgeschichten zu Hause vor. Und am 1. Advent werden wir ab 17.00 Uhr auf dem schon klassisch zu nennenden Weihnachtsmarkt christliche und literarische Utopien lesen: neben der Johannes-Offenbarung auch andere „Himmelsgeschichten“, in denen sich das neue, kommende Leben ereignen könnte. Über all das informiert Sie auch die herrlich virtuelle Heimatseite www.Bordenau.de, die Sie mit einem kleinen Schritt auch in das bundesweite Programm des „Jahres der Bibel“ entführt. Schauen Sie mal rein und lassen Sie sich verwöhnen in einer erlesenen Raumzeit, die selten geworden ist, aber in Bordenau sehr gepflegt wird!

Grass-Interview
314. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 17.9.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Michael Jeismann und Karl Schlögel sprachen mit Günter Grass über seine Novelle „Im Krebsgang“, die „Bordenau - Unser Dorf liest“ am 3. und 4. Oktober in einer Szenischen Lesung in der Sporthalle ab jeweils 12.00 Uhr ganz vorlesen wird.“ Herr Grass, in Ihrem Buch „Mein Jahrhundert“ lassen Sie Ihren Ich-Erzähler im Jahr 1945 sagen: „Ich sah die „Wilhelm Gustloff“ drei Tage bevor sie sank. Ich schrieb kein Wort darüber, keine Schreckensprosa, keine aufgewärmte Götterdämmerung, ich sah das alles und schrieb nichts darüber“ Das hat sich mit der Veröffentlichung Ihrer Novelle „Im Krebsgang“ geändert. Es ist eines der ersten Bücher, das den Deutschen eine Tür aufstößt zu einer neuen Form der Selbstverständigung über die eigene Geschichte, über Flucht und Vertreibung. Warum konnten Sie dieses Buch jetzt erst schreiben?“ Günter Grass: „Mit dem Stoff beschäftige ich mich bekanntlich schon länger. Die „Wilhelm Gustloff“ taucht bereits in „Hundejahre“ auf und dann nochmal in der „Rättin“. Und das Thema kam natürlich schon in der „Blechtrommel“ vor. Aber dass ich es zum großen umfassenden Thema dieses Buches hätte machen können, das war zuvor in der Tat nicht der Fall. Dafür gibt es einen Haufen Gründe, wobei ich den Hauptgrund darin sehe, dass die von uns Deutschen begangenen Verbrechen bislang im Vordergrund standen. Zudem habe ich die ganze Zeit über keinen literarischen Zugang gefunden, bis mir die eigentlich simple und in der „Rättin“ bereits angekündigte Idee kam, Tulla Pokriefke überleben zu lassen. Rein dokumentarisch darüber zu schreiben, wäre nicht mein Metier gewesen, und damit hätte ich auch nicht das Komplexe der Geschichte zum Ausdruck bringen können. Es kam mir darauf an, die Erfahrungen dreier Generationen, der Tulla, ihres Sohnes und ihres Enkels, zu schildern und darzustellen, wir irregeführt heute junge Menschen auf Geschichte reagieren. Auch wenn die Rezeption sich vor allem um die historisch-politischen Fragen dreht, das Buch heißt dennoch nicht www.blutzeuge.de oder „Der Untergang der Gustloff“ , sondern „Im Krebsgang“, und es hält sich an diese Erzählweise.“ Frage: „“Vorgetäuschter Rückwärtsgang, seitlich ausscherend“ – so heißt es im Buch! Grass: „Nur so kann die Geschichte erzählt werden, nur indem ich mehrere Biografien nebeneinander stelle und das gleichzeitige Geschehen darstelle. Chronologie ist doch eine Fiktion. Warum sind die Historiker nicht bereit, Entdeckungen der modernen Literatur ihrer Arbeitsweise anzuverwandeln?

Helmut Frielinghaus schreibt uns:
313. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 10.9.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Mit unheimlicher Folgerichtigkeit steuert die Geschichte, die Günter Grass in der Novelle „Im Krebsgang“ erzählt, auf eine unerhörte Begegenheit zu: den Untergang des Schiffes „Wilhelm Gustloff“, das 1945, im letzten Kriegsjahr, in einer eisigen Januarnacht in der Ostsee von dem sowjetischen Unterseeboot S13 versenkt wurde. Ein fast vergessenes, halb verdrängtes, bisher kaum erzähltes Unglück, und doch die größte Katastrophe in der Geschichte der Seefahrt. Unter den neuntausend Toten waren, so vermutet man, mehr als viertausend Kinder. Eigentlich beginnt die Geschichte im Februar 1936 in Davos, als vier gezielte Schüsse den aus Schwerin stammenden, in der Schweiz für die NSDAP werbenden Wilhelm Gustloff töten. David Frankfurter, ein vor den Nazis aus Berlin nach Bern geflüchteter jüdischer Medizinstudent, will mit seiner Tat zum Widerstand gegen das Unrechtsregime aufrufen. Die Partei hat indessen mit dem Toten einen neuen Märtyrer. Ein Jahr später wird im Hamburger Hafen, in Anwesenheit Adolf Hitlers, von der Witwe des Ermordeten ein Schiff auf den Namen „Wilhelm Gustloff“ getauft, ein stattlicher „Musikdampfer“, auf dem von 1938 an „deutsche Volksgenossen“ Ferienreisen zu günstigem Preis in die norwegischen Fjorde und ins Mittelmeer machen. Doch Anfang September 1939 beginnt der Krieg – die „Gustloff“ wird dem Kommando der Kriegsmarine unterstellt und zum Lazarettschiff mit fünfhundert Betten umgerüstet. Ab 1940 abermals umgerüstet, liegt sie nunmehr als „schwimmende Kaserne“ für angehende U-Bootfahrer in der Danziger Bucht, an einem der Kais von Gotenhafen (Gdynia). Günter Grass legt die Geschichte der „Wilhelm Gustloff“ einem erfundenen Ich-Erzähler in den Mund, einem wenig erfolgreichen Journalisten, der Datum, Stunde und Ort seiner Geburt als Makel empfindet: Seine von der „Gustloff“ gerettete Mutter brachte ihn an Bord des Torpedobootes „Löwe“, das die Schwangere aufgenommen hatte in dem Moment zur Welt, als die torpedierte Wilhelm Gustloff endgültig in Höhe der Stolpebank unterging. 

Den Ich-Erzähler gibt am 3. und 4. Oktober in Bordenau ab jeweils 12.00 Uhr Peter Mürmann, seit Jahren mit unserm Projekt verbunden. Seine Mutter, Tulla Pokriefke, wird gelesen von Vera Urich, bekannt als „Bordenauer Hexe“ aus dem „Bordenauer FAUST“ (2000). Weitere Informationen über www.Bordenau.de. Hier auch Kartenvorbestellungen zwischen 2 und 15 €uro sowie an allen anderen bekannten Vorverkaufsstellen.

Ehrenamtsehrung
312. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 3.9.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Wenn heute Abend im Schloss einige der vielen Ehrenamtler im Land für ihren Einsatz geehrt werden, dann waren es nicht nur der Ehepartner und die Familien und Freunde, die diese gesellschaftliche Wertarbeit unterstützten, sondern auch die vielen Mitstreiter in den Vereinen und Organisationen. Dabei hat sich das Bild des Ehrenamtlers in den letzten Jahrzehnten teilweise entscheidend geändert: nicht mehr nur die gutbetuchte Rechtsanwaltsgattin, die der kranken Nachbarin hilft, sondern z.T. hochprofessionelle Kräfte erfüllen eine Funktion, deren Wegfall enorme negative Auswirkungen hätte. Deshalb sollten die sogenannten Ehrenamtler auch materiell und finanziell nachhaltiger ausgestattet werden. Doch leise! Der Regierungspräsident spricht auch über uns: „Seit 1997 existiert das Projekt „Bordenau – Unser Dorf liest“. Es ist seiner Initiative zu verdanken, dass es gelang, die verschiedensten Institutionen, Vereine und Einzelpersonen in Bordenau und darüber hinaus für das Projekt zu begeistern. Mit einem Aufruf an alle Bordenauer startete man, eine wöchentlich in der Neustädter Zeitung erscheinende literarische Kolumne – seit nunmehr sechs Jahren!! – verdeutlicht das Grundanliegen, nämlich Literatur in all ihren Facetten darzustellen und ihr wieder einen Platz in der Alltagswirklichkeit vieler Menschen zukommen zu lassen. Neben Lesungen an unterschiedlichen Örtlichkeiten, Mundartabenden, Seminaren, Konzerten, Schreibwerkstatt und Theatergruppe sind es immer wieder die Großprojekte, die zu dem Ruf Bordenaus in der Region beigetragen haben: Sei es die siebenstündige Lesung von Remarques „Im Westen nicht Neues“, das multimediale Projekt „Don Quichotte meets Expo“ (1999) vor den Windmühlen Wulfelades als einmaliger Kulisse oder schließlich die fünfzehnstündige Lesung des Bordenauer FAUST mit über 70 Laienspielern am 3.Oktober 2000. Schon längst sind Literatur und Bühne ein fester Bestandteil des Lebens in Bordenau. Erinnert sei auch an die Heinrich-Heine-Lesung „Deutschland – ein Wintermärchen“ (2001) vor vollem Haus auf historischem Bauerhof und die erlesene Revue „Vielstimmigkeit der Deutschen“ (2002). Literatur ist auch aktive Erinnerung: und so wagt sich die Initiative an dem diesjährigen deutschen Einheitstag an Günter Grass Novelle „Im Krebsgang“.

Die Glut von Sándor Márai
311. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 27.8.2003

Hochverehrte Leserschaft!

„Zwei Fragen sollst du beantworten“, sagt der General, und auch er beugt sich vor; er spricht flüsternd, , vertraulich. „Zwei Fragen, die ich längst formuliert habe, in den vergangenen Jahrzehnten, als ich auf dich wartete. Zwei Fragen, die nur du beantworten kannst. Ich sehe schon, dass du meinst, ich wolle wissen, ob ich mich nicht täusche, ob du an jenem Morgen auf der Jagd tatsächlich die Absicht hattest, mich zu töten. War es nicht einfach ein Hirngespinst? Schließlich ist ja nichts passiert. Auch dem besten Jäger kann der Instinkt einen Streich spielen. Und du meinst, die zweite Frage laute so: Warst du Krisztinas Liebhaber? Hast du mich betrogen, wie man so sagt, und hat sie mich betrogen, im wahren, gewöhnlichen, kläglichen Sinn des Wortes? Nein, mein Freund, diese zwei Fragen interessieren mich nicht mehr. Du hast sie bereits beantwortet, die Zeit hat sie beantwortet, und auch Krisztina hat sie auf ihre Art beantwortet, du, indem du am Tag nach der Jagd aus der Stadt geflohen bist, Fahnenflucht begangen hast, wie man früher sagte, als man noch an die wahre Bedeutung der Wörter glaubte. Ich frage es nicht, denn ich weiß mit Sicherheit, dass du mich an jenem Morgen töten wolltest. Ich klage dich nicht an.“ Aber was will der General wirklich wissen? Und wird sein Freund antworten? Die Lösung dieser Fragen erhalten sie bei der spannenden Lesung des Romans „DIE GLUT“ des ungarischen Erzählers Sándor Marai am Donnerstag, dem 4. September 2003 , 20.00 Uhr, im Dorfgemeinschaftshaus Bordenau.
Es lesen Frauke Hohberger, Peter Mürmann und Martin Drebs. Herzliche Einladung!

Verborgenes Wort
310. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 20.8.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Wir halten eine literarische Sensation in der Hand, wengleich als Taschenbuch erst zwei Jahre nach der Neuerscheinung: Ulla Hahn „Das verborgene Wort“. Das lesen wir demnächst gemeinsam im Literaturgesprächskreis der VHS. Es gibt wohl keinen vergleichbaren deutschsprachigen Entwicklungs- und Bildungsroman über ein immer stärker werdendes Mädchen Anfang der Fünfziger Jahre im Rheinland. Und das in einem einzigartigen dichten dynamisch-poetischem Stil voller Humor und nicht nur rheinischer Situationskomik. Dabei schreitet die Autorin beispielhaft alle Aspekte von Sprache, Phantasie und Lesen ab. Kostprobe? Bitte sehr! Zwischen Märchen und Gebetbuch legt die Schülerin Hildegard Palm ein Heft mit schönen Wörtern an:„ Mein Heft füllte sich mit schönen Wörtern und Sätzen, „süßer als Honig und tropfende Waben“. „lasset uns also ablegen die Werke der Finsternis und anziehen die Waffen des Lichts“. “Ich liebe, Herr, die Zierde deines Hauses, die hehre Wohnung deiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe“ .“Darum singen wir mit den Engeln und Erzengeln, mit den Thronen und Herrschaften und mit der ganzen himmlischen Heerschar den Hochgesang deiner Herrlichkeit“. Dagegen kam kein „Heut back ich/ Morgen brau ich“ an, kein „O du Fallada, der du hangest“, kein „Wovon soll ich satt sein?“/ Ich sprang nur über Gräbelein“, kein „Abrakadabra“, „Rinkarolla Äppeldipäppel“. Ich berauschte mich an den großen Worten, ihrer Melodie, den Bögen der Sätze, schlug sie um mich wie kostbare Gewänder, legte mir Wörter wie „Seelenspeise“ zu, „Manna Himmelsbrot“, „Meerstern“, „Herzblut“, „Hoffnungstern“, „Liebesmahl“, „Herzensblüten lilienweiß“, Wörter, die sich auf mir niederließen wie Verbandsmull, weich, leicht, schmerzstillend.

Lesung "Die Glut" 
309. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 13.8.2003

Hochverehrte Leserschaft!

„Glaubst du auch, dass der Sinn des Lebens einzig in der Leidenschaft besteht, die eines Tages in unsere Herzen, Seelen und Körper fährt und dann auf ewig brennt? Was immer zwischendurch geschehen mag? Und wenn wir das erlebt haben, haben wir dann vielleicht doch nicht umsonst gelebt? Ist die Leidenschaft so tief, so grausam, so großartig, so unmenschlich? Und gilt sie vielleicht gar nicht einer Person, sondern nur der Sehnsucht? Das ist die Frage. Oder gilt sie villeicht doch einer Person, immer und ewig nur jener einen, geheimnisvollen Person, die gut oder schlecht sein mag, wobei die Intensität der Leidenschaft, die uns an sie bindet, nicht von ihren Eigenschaften und Handlungen abhängt? Antworte , wenn du kannst!“ So bedrängt der alte General seinen alten Freund Konrad , als sie sich  nach 41 Jahren wiedersehen. Und das in dem Roman „DIE GLUT“ von Sándor Marai. „Die Glut“ ist eine meisterhafte literarische Wiederentdeckung des ungarischen Erzählers Sándor Marai (1900 – 1989). Im Mittelpunkt steht das Treffen zweier alter Herren, die sich nach Jahrzehnten über ihre tragische Liebe zur gleichen Frau, ihre Freundschaft und ihr vergangenes Leben klar werden wollen. Treue, Stolz, Verschwiegenheit und Gegensätzlichkeit sind ihre Themen. Und ihr Gespräch spitzt sich auf die entscheidenden Fragen zu.... Das Ganze als Lesung mit Frauke Hohberger, Peter Mürmann und Martin Drebs am Donnerstag, dem 4. September 2003 , 20.00 Uhr, Dorfgemeinschaftshaus Bordenau, Am Dorfteich, Neustadt/Bordenau. Frauke Hohberger, Peter Muermann und Martin Drebs sind der Öffentlichkeit nicht nur aus dem „Bordenauer Faust“ bekannt , sondern haben auch 2001 im „Das Kino der Liebenden“ ihr Können eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Diesmal wagen sie ein dramatisches Gespräch, das die zerstörerische Kraft der Liebe mit einer gnadenlosen Faszination beschreibt. Und dem Publikum verschlägt es bei dieser Lesung den Atem, an so viele existentielle Fragen geführt zu werden....

Video mit Günter Grass 
308. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 6.8.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Dieser Tage schrieben wir noch einmal an Günter Grass: Sehr geehrter Herr Grass, hier konkretisieren sich die Dinge und ich hatte Ihnen ja versprochen, Sie auf dem Laufenden zu halten: ein ganzes Dorf liest am 3. und 4. Oktober Ihr Buch „Im Krebsgang“. Wir haben Ihren literarisch so prägnanten Text aufgeteilt auf drei Erzähler und ein Reihe von Figuren, die einmal durchgängig „auftreten“ wie Großmutter Tulla oder punktuell als historische Szenarien (so bei David Frankfurter). Die Erzähler gliedern sich den Text in Ich-Erzähler, Berichterstatter und den „Tod“ – immer dann, wenn eine Art „Lebensbedrohung“ naht.
Und Sie kennen Ihren eigenen, eingeschriebenen Grass, den „Alten“, der sich zwar „müdegeschrieben“, aber hellwach die Dinge begleitet. Hier wollen wir als zweitbeste Option das mit Radio Bremen produzierte Hörspiel einspielen und von einer „stummen“ Rolle mit Joppe, Schnauzer, Brille, Pfeife usw. präsentieren lassen. Unsere erste Wahl ist es jedoch, Sie zu bitten, uns Ihren Grass-Erzähler-Text in unsere Videokamera zu lesen, und sei es nur der erste Teil. Damit wären Sie doch noch mit uns und wir könnten zeigen, dass Sie unser verrücktes Unternehmen kennen und unterstützen. Dazu kämen wir Ihnen entgegen, wo immer es Ihnen passen könnte, ob Lübeck, Mön oder anderswo – kurz vor oder nach Lesungen in unserer Gegend. 
Lieber Herr Grass, ein ganzes Dorf liest „Im Krebsgang“. Helfen Sie uns mit Ihrer Bereitschaft, eine kurze Passage vorzulesen! 
Mit ergebenen Grüßen! Ihre Bordenauer!

Shortbooks
307. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 30.7.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Thomas Schaefer macht uns auf eine besondere Art zu lesen aufmerksam: Im Alltag schlägt die Stunde der Wahrheit: Ob Empfang, Vorstellungsgespräch oder Schäferstündchen – regelmäßig kommt das Gespräch auf Literatur, alle tauschen sich kenntnisreich aus über Bücher. Nur Sie allein können nicht mitreden! Einsamkeit, gesellschaftliche Deklassierung, Scheidung, Arbeitslosigkeit und Hunger sind die Folgen, wenn Sie keine Ahnung vom aktuellen oder ewigen Lektüre-Kanon haben! Was tun? Lektüre nachholen? Lesen - um Gottes willen! Doch wo Gefahr ist, naht das Rettende auch (oder so ähnlich), diesmal in Gestalt des Internets. Unter www.ShortBooks.de haben geniale Geister unverzichtbaren Lesestoff auf wenige Seiten zusammengedampft, von Umberto Ecos „Foucaultschem Pendel“ über Orwells „1984“ bis zu Allgemeinwissenstiteln wie „Fitness für faule Säcke“ und anderen Klassikern von Dieter Bohlen bis Thomas Mann. Früher: normales Buch, 250 Seiten, 600 Minuten. Jetzt: Short-Books-Service, 5 – 8 Seiten, 10 – 15 Minuten – das ist Fortschritt, das ist komprimiertes Wissen in Rekordzeit. So meistern auch Sie alle privaten und beruflichen Lebenslagen professionell“, heißt es, denn Sie können bei jedem Smalltalk ein paar Takte mitschnattern. Geselligkeit, Karriere, Traumgattin sind die Folgen. Nur der Buchhändler von nebenan wird Sie hassen. Aber da müssen Sie ja gottlob nicht mehr hin. Dann lassen Sie sich wenigstens in Bordenau noch ein Buch vorlesen: am 4. September „Die Glut“ von Sàndor Marai und am 3. und 4. Oktober „Im Krebsgang“ von Günter Grass.

Weißköppel
306. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 23.7.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Aus Andalusien schickt uns Barbara Weißköppel zwei wunderschöne Gedichte:
Singende Brunnen, tanzende Pferde, Reigen der Pomeranzenbäume in Galerien zwischen übergrünen Höfen, schwarzvergitterten Balkonen. Leuchtend beflaggt vom violettroten Damast der Burganvilla grüßen die Gassen. Der von den Nordländern so geliebte Oleander gibt eine üppige Vorstellung zwischen Ruinen, auf öden Plätzen draußen am Graben und an der Mauer neben goldenem Ginster und himmelblauen Wegwarten. Immer und überall Mauersegler. Sie durchbrechen die Siesta mit stürzendem Flugschrei – immer und überall. - Das zweite Gedicht nennt sie „Abendhimmel über Sevilla“: Die Fächer der Palmen bewegt leise ein Wind, schwarzbläuliches Filigran über den Fassaden der Avènidas. Schwingendes Rankenwerk, violett durchglüht von der sinkenden Sonne, zittert in der mit Jasmin und Pomeranzendüften gemischten Luft. Brunnen plätschern dich sanft aus der Gegenwart. In einer Kutsche, vom Geklapper der Pferdehufe und vereinzelter Kastagnetten begleitet, rollst du dahin im warmen Licht der Kandelaber auf der Plaza de Espana.

Stadtjugendpflege 2003
305. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 16.7.2003

Hochverehrte Leserschaft!

In diesen Tagen und Wochen entstehen wieder Hunderte neuer Geschichten – und zwar für Kinder mit dem Ferienpass: Mädchen treffen sich mit Mädchen, Störche in Wulfelade, Camera Obscura, Sommer-Internet-Café, Campieren mit Vampiren, Radtour mit Badespaß auf der Badeinsel, eine Insel in der Leine, Schießen mit Luftdruckwaffen, Paddeln auf der Leine, Indianer rund ums Jugendhaus, Bilderbuchkino mit Julie Beutel, Abenteuer Kirchennacht, „Ab jetzt kann ich selbst kochen“, Schnuppertennis mit Zelten, Mädchen-Aktionscamp, wir besuchen die Hexe Duftnäßchen, „Die Prinzessin und der Schweinehirt“, Radtour ums Steinhuder Meer, Stoffmalerei in Mardorf, Radiomachen – leicht gemacht, Briefpapier gestalten, „Komm, wir finden einen Schatz“, Fußballtreff in Niedernstöcken, Trampolinspringen für Anfänger, Karate-Schnupperstunde, Workshop mit Islandpferden, Voltigier-Schnupperkurs, Schmiedetag in Helstorf, Kanutour auf der Böhme, ein Tag bei den Pfadfindern, Patchwork, Hannover bei Nacht, Lederarbeiten, Bauernhof – naturnah, Koboldwald, Getreideernte in Wulfelade, Stofftaschen besticken, „Voll-Fit“ – Das Sommer- Mittelalter-Fest, „Liebe, Sexualität, Pubertät“, Spaß mit Billard/Karambol, Judo-Schnupperstunde, MOKI – „Das Rennschwein Rudi Rüssel“, Vorlesestunde mit Katharina Breitenröder, Zelten im Waldbad Wulfelade, Rund um den Hund, Selbstbehauptungskurs, Rund um die Kuh, Zirkus erleben, Kerzenziehen, Glasmalerei in Basse, Fledermäuse am Schloss, Eine Reise in den Orient, Filzwerkstatt, Fünf Fahradtouren mit Oma und Opa, Wen Do – Kurs, Hoch-Höher- Am Höchsten, Alte Kinderspiele – neu entdecken, ein Tag im Moor, Pizzabäckerei, Spaß am Beachvolleyball, Music, Sun & Fun mit den Wölper Löwen, Segelfliegen, Tanzen wie Shakira und Co., Fahrt in den Dinopark Münchehagen, Fahradtour nach Nöpke mit Naturrallye, Abenteuer mit den Piraten auf Hoher See, Seidenfensterbilder, Tagesfahrt zu den Karl-May-Festspielen, Klettern im Kirchturm, Luftgewehrschießen in Hagen, Fußgängerrallye in Niedernstöcken, Fußball-Schnupperkurs, Street-Soccer, Die Welt im Wohnzimmer, Beachhandball, Spielenachmittag im Freibad Neustadt, Die Unterholzindianer, Zeltlager auf dem TSV-Platz, Briefmarkensammeln –aber wie? Radtour zum Mittelllandkanal mit Rallye, Schnuppertennis, Rape Skipping und Double Dutch, Kanutour auf der Leine...... Danke an die Stadtjugendpflege und alle engagierten Teilnehmer!

James Krüss: Feriengedicht
304. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 9.7.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Mit James Krüss schmieden wir diesmal unsere wohlverdienten „Ferienpläne“:
Ich habe mir ein Rad erspart, ein Rad mit Tachometer. Es ist von ganz moderner Art, ich fahr damit auf Ferienfahrt, und mit mir fährt der Eberhard und außerdem der Peter. Der Peter hat ein Dreierzelt, drin schlafen wir bei Nacht. So brauchen wir kein Herbergsgeld, und wenn uns wo ein Platz gefällt, dann wird das Zelt dort aufgestellt, und dann wird Rast gemacht. Ein Paddelboot ist auch dabei (von Eberhards Familie). Auch Decken für uns alle drei und Töpfe für Kartoffelbrei, den koch ich selber ohne Scheu mit Dill und Petersilie. Nun kommen unsre Ferien bald. Am Samstag wolln wir starten. Wir starten bei der Gasanstalt. Wir fahren in den Tannenwald, wir fahren ohne Aufenthalt. Ich kann es kaum erwarten.“

Jugendlicher gesucht für Grass
303. Artikel der Aktion UNSER DORF LIEST mit der Neustädter Zeitung vom 2.7.2003

Hochverehrte Leserschaft!

Heute suchen wir in unserer 303. Kolumne an dieser Stelle nach einem lesebereiten männlichen jungen Erwachsenen ab 18 Jahren, der hier in Bordenau bei unserer Lesung von Günter Grass „Im Krebsgang“ am 3. und 4. Oktober 2003 mitlesen möchte. Die Novelle schildert eben nicht nur den Untergang des ehemaligen Passagierschiffes „Wilhelm Gustloff“ mit etwa 9000 Menschen an Bord am 30. Januar 1945 vor der Stolpebank in der Ostsee, sondern Grass gelingt es an diesem Beispiel aufzuzeigen, wie sich junge Leute von heute mit der damaligen Ideologie der Nationalsozialisten identifizieren. 
Einer der beiden, der junge Neonazi Konrad, baut an einer eigenen Homepage im Internet mit dem bezeichnenden Titel www.blutzeuge.de . Auf dieser Seite richtet Konrad auch ein Gesprächsforum ein, bei dem sich alsbald ein gewisser David einstellt, der mit Konrad die historischen Tatsachen zu diskutieren beginnt. Unsre beiden Internet-Chatter lernen sich im Laufe der Zeit immer besser kennen, tauschen sich über ihr Hobby Tischtennis aus und verabreden ein gemeinsames Treffen. Sie hätten Freunde sein können, kommentiert Grass, auch wenn sie sich mit stereotypen Vorwürfen indirekt beschimpfen und dennoch nur die Nähe suchen. In unserer Lesung haben die beiden eine herausragende Position: sie werden an einem zweiteiligen Tischtennistisch am Computer sitzen und sich so bis zur Begegnung immer näher kommen. Ihre Kommunikation übers Internet wollen wir auf einer Leinwand für alle Besucher sichtbar lesbar machen, denn zu hören sind sie ja erst nicht! Wir suchen noch einen belastbaren jungen Menschen, der Freude am Lesen hat und gerne bei uns mitmachen will – zusammen mit einem siebzehnjährigen Neustädter Gymnasiasten. Meldet Euch bitte über Unser Dorfliest@Bordenau.de ! Es ist wahrscheinlich auch eine einmalige Chance und ein Sprungbrett zugleich – wer weiß wohin! Eine gute historische Einführung finden Sie, lieber Leser, in dem Econ-Buch von Guido Knopp „Der Untergang der „Gustloff“.

 

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